Erhard Tatarczyk - † 20.07.1985


Rechts sitzend: E. Tatarczyk, links daneben: Bernd Rauscher †, Jürgen Meißner, dessen Monteur Henning Tewes (rote Mütze), Dieter Georg - Monteur von E. Tatarczyk

1985 - Sachsenring - DDR-Meisterschaftslauf - Vorstart

Es ist 30 Minuten vor dem Start.

Rechts auf Reifen sitzend: Erhard Tatarczyk. Zwischen den Fahrern wird gewitzelt und Erhard Tatarczyk macht sich den Spaß anzukündigen, wen er im Rennen alles anzugreifen gedenkt. Das sehen die Beteiligten mit Humor ...

40 Minuten später kommt Erhard Tatarczyk hinter Jürgen Meißner am "Heiteren Blick" bei einer Kollision mit einem anderen Rennwagen von der Straße ab, stürzt kopfüber mit seinen Rennwagen in einen tiefen Graben am Straßenrand und verstirbt eine Woche später an der Folgen des Unfalls.


v.l.n.r.: Jürgen Meißner, Helga Steudel-Heinrich, Erhard Tatarczyk

Erhard Tatarczyk, ehemaliger Monteur von Helga Heinrich, verunglückte am 14.07.1985 auf dem Sachsenring nach Fahrmanövern gegen seinen Kontrahenten, Gerhard Friedrich, am "Heiteren Blick" und kommt mit knapp 260 km/h von der Strecke ab. Leitplanken gab es damals nicht (siehe Fotos unten).

Der Rettungswagen wurde zur Unfallstelle in Rennrichtung geschickt. Ihm hinterher fuhr ein Motorrad, dessen Fahrer ein Leibchen mit dem Rot-Kreuz-Symbol trug. Vor der Unfallstelle wurden gelbe Flaggen geschwenkt. Das ist alles Regel-konform.


Vom Rennen wurde im "Illustriertem Motorsport" der DDR folgendes gemeldet:

Rennwagen E bis 1300 ccm (LK I) - DDR Meisterschaft
10 Runden = 86,180km am Start 16 am Ziel 9

1. Bernd Kasper Dresden SRG MT 77/1 30:28,6 = 169,719 km/h
2. Heiner Lindner Leipzig Lada RG 30:43,2
3. Wolfgang Wöhner Illmenau MT 78/1 31:56,5
4. Bernd Rauscher VK Erfurt
5. Jürgen Meißner Dresden Lada MT 77/81
6. Manfred Glöckner Zwickau Lada MT
7. Steffen Kämmerer Chemie Leipzig Lada MT 77/2
8. Eberhard Grüner Zwickau MT 80
9. Peter Schwalbe KV Gera MT 77/1
DNF Manfred Günther Scheibenberg SRG MT 77/1
DNF Helmut Hoffmann Autotrans Berlin Lada SEG
DNF Manfred Kuhn Post Berlin Lada
schnellste Runde: Kasper 2:58,7 = 173,614 km/h

Text aus Illustrierter Motorsport
Ähnlich sicher wie Kessler bei den großen Tourenwagen dominierte Bernd Kasper bei den Rennboliden der Leistungsklasse I. Wenn nicht die Verfolgungsjagd Heiner Lindners ein bißchen Stimmung gebracht hätte, wäre es noch farbloser zugegangen. Kein Wunder: Die alten Haudegen Frieder Kramer, Hartmut Thaßler und Wolfgang Günther sind nicht mehr dabei, Ulli Melkus war mit der Familie im Urlaub, Heinz Siegert immer noch mit dem Auskurrieren der beim Rennen in Most erlittenen Beinverletzungen beschäftigt.

Bemerkung von ddr-formel1.de:
Keine Notiz vom Unfall, nicht einmal ein "Ausgefallen" - DNS


Der Weg des Unfalls

Sicht entegen der Rennrichtung vor der Unfallstelle
Sicht in Rennrichtung zur Unfallstelle
An dieser Stelle lag der Rennwagen kopfüber im Graben

Aus dem Bericht der Staatssicherheit

In der DDR war es unerwünscht, dass Unfälle dokumentiert wurden. Es gehörte zur Staatsräson, dass es im "Sozialismus" keine Unfälle gibt. Der Versuch der Ehefrau den Unfall aufzuklären und den Hergang zu rekonstruieren, um die Schuldfrage zu stellen, wurde durch die Staatsanwaltschaft mit den Worten abgewiegelt: „In Sozialismus gibt es keine Unfälle …“ (wörtlich von der Witwe wiedergegeben). Damit war die Selbstschuldfrage geklärt.

Mit seiner Unterschrift bestätigte der Rennfahrer, dass er bei einem Unfall keine Ansprüche gegen den Veranstalter, dessen beauftragte Personen und gegen die Unfallgegner stellt. Damit kann der Staat zwar Untersuchungen einleiten, muss sie jedoch nicht veröffentlichen. Es ist purer Sarkasmus, dass ein Drängen auf Untersuchung und die peinliche Klärung der Schuldfrage die Staatsorgane auf den Plan gerufen hätte. Würde das Ergebnis für den Veranstalter oder gar den Staat negativ auslaufen, könnte das auch bedeuten, das man diese Rennstrecke dicht gemacht hätte. Also blieben die Fahrer lieber still, denn sie wollten Rennen fahren.

In der beiliegenden Dokumentation des Unfalls ist nur die Rede von einem schwerverletzten Fahrer. Und natürlich waren die Veranstalter aus der Verantwortung raus, denn ein Versagen von stattlicher Seite ist undenkbar. Da Erhard Tatarczyk später im Krankenhaus verstarb, brauchte es auch keine offizielle Erwähnung mehr geben. Und die regulierte Presse hielt sich an die Vorgaben.

Nur wer denkt an die Angehörigen?


Aus dem Bericht der Staatssicherheit

Der Vollständigkeit halber ist hier noch aus den Stasiakten der Bericht zum tödlichen Unfall, der einen Motorradrennfahrer betraf, dokumentiert. In den Stasiakten befanden sich keine weiteren Hinweise zum Unfall von Erhard Tatarczyk.

Kein Wort darüber, dass er bei einem Rennen verunglückt und in dessen Folge gestorben ist.