Hinter den Kulissen


Autor: Jürgen Meißner

Diese Seiten sollen Ihnen realistisch und objektiv darlegen, dass der Motorsport auch der Politik des DDR-Staates unterlegen und den speziellen Angriffen des "sozialistischen Schwertes" ausgesetzt war. Um ein Verständnis dafür zu entwickeln, sollten die nachfolgenden Zeilen Ihr Interesse wecken.

Der Sport in der damaligen DDR diente der Verbreitung des Images eines sozialistischen deutschen Staates und sollte die Vorzüge einer Arbeiter- und Bauernregierung gegenüber dem "kapitalistischen System" darstellen. Es wurde massenwirksam dargestellt, dass jeder in der DDR, unabhängig seiner sozialen Herkunft, die Möglichkeit hatte, mit Ehrgeiz und Fleiß bis an die Weltspitze vorzudringen. Damit ließ sich das Bild vom "liebevollen, sozialistischen Vater Staat" demonstrieren, Loyalität zum System vorausgesetzt.

Der Sport war somit unbedingt zu fördern und lenkte damit gleichermaßen von den objektiven, wirtschaftlichen Schwierigkeiten ab.

Nun hatte sich aber parallel in der Nachkriegszeit der Motorsport entwickelt, der sehr schnell zum Publikumsmagnet wurde, aber im Laufe der Jahre immer mehr durch kostenintensive, technische Erfordernisse dem allgemeinen Weltstandard nicht mehr standhalten konnte. Die Wiege vieler Fahrzeugentwicklungen lag vor dem Krieg zwar im Osten, konnte aber dem weltweiten Wettbewerb nicht mehr standhalten. Damit war die heute übliche Nutzung der Erfahrungen aus dem Rennsport für die Serienproduktion von Fahrzeugen nicht interessant und der Sport geriet in eine Sackgasse. Erschwerend war eben auch jene Tatsache, dass der Rennsport keine olympische Disziplin war und somit als Imageträger unbrauchbar schien. Verbieten konnte man ihn nicht. Seine Anwesenheit wurde mit argwöhnischen Augen geduldet.

Die Organisationseinheit des Motorsportes, der ADMV (Allgemeiner Deutscher Motorsportverband in der DDR), wurde unter dem DTSB (Deutscher Turn- und Sportbund in der DDR) eingeordnet und somit zu einem Geldgeber für den olympischen Hochleistungssport benutzt. Bis zu 300.000 Zuschauer an einem Rennwochenende, das brachte Geld in die Kassen und die Zuschauer waren wieder ein Wochenende in dem sonst so aktionslosen Staat beschäftigt, konzentriert in einer Region und konnten kontrolliert ihren Frust loswerden.

Der Motorsport in der DDR konnte aber nur dadurch leben, dass sich hunderte pfiffiger und technisch versierter Menschen zu Teams (offizielle, damalige Bezeichnung: "sozialistische Renngemeinschaften") zusammenschlossen, um gemeinsam Rennwagen zu entwickeln, die tatsächlich in ihrem "Knowhow" einzigartig waren und der Technologie westlicher Fahrzeuge standhielten. Lediglich die Materialherkunft war auf den Bezug aus den "Sozialisten Ländern", bis auf wenige Ausnahmen, beschränkt. Damit war auch die internationale Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben und es entwickelte sich ein typischer, hochinteressanter osteuropäischer Amateur-Motorsport.

Die Sportler, die diese Sportdisziplin gestalteten, waren, wie oben erwähnt, zu einem Anteil auch Arbeiter und Bauern, aber der Anteil der Handwerker überwog deutlich. Durch die nicht olympische Disziplin war naturgemäß die staatliche Einflussnahme geringer und die Zulassungsbedingungen unpolitischer. Dieser Sport spielte sich nur innerhalb der "sozialistischen Brudergemeinschaft" ab, und die Beeinflussung durch den direkten westlichen Einfluss war kaum nennenswert. Dennoch galt es, ungewollten Einzelgängern, noch dazu Jenen, die durch hervorragende sportliche Leitungen bekannt waren, Dämpfer aufzusetzen. Dies geschah natürlich nicht in der Öffentlichkeit. Die heile "sozialistische Welt" durfte keinen Kratzer bekommen und so hatte diese Sportart lange Zeit bei den Zuschauern im In- und Ausland das Ansehen eines makellosen Verlaufes. Dieses Bild wurde durch die zensierte Medienpolitik aufrecht erhalten, verärgerte aber die Insider, also Diejenigen, die täglich mit den Herausforderungen umzugehen hatten.

Naturgemäß gab es auch unter den Rennsportlern Ausreisewillige, solche mit Westkontakten und Westbeziehungen, Andersdenkende, Querulanten, aber auch Staatsdiener. Dies heute auseinander zu halten, ist sehr schwierig, denn Betroffene schweigen, leben nicht mehr oder haben sich mit dieser Zeit abgefunden. Dennoch besteht bei zahllosen Interessenten der Wunsch, realistisch informiert zu werden und auch jene Geschehnisse hinter den Kulissen nicht auszugrenzen.

So werden wir Sie mit den wahren Geschichten, z.B. um manipuliertes Benzin, den Kontakt mit Jochen Mass, dem Unfall von Hans-Dieter Kessler auf dem Sachsenring und um die Hintergrundarbeit der Staatsorgane informieren und bekannt machen.