Autor: Jürgen Meißner

Im Dresdner Kulturpalast fand 1988 das Musikfestival "Goldener Rathausmann" vor reichlich 3.000 Zuschauern statt. Anlässlich dieses Festivals wurden neben den Preisen im Hauptwettbewerb auch ein Pressepreis und ein Publikumspreis an die besten Künstler, Texter, Komponisten usw. vergeben. Die Gastgeber waren Jürgen Karney und Wolfgang Lippert, genannt Lippi. Ich wurde mit einem K-Wagen-Fahrer eingeladen, dem Publikum etwas über den sozialistischen Rennsport zu erzählen. Wer Jürgen Karney und Wolfgang Lippert kennt - Lippert noch dazu gelernter Kfz-Schlosser - der weiß, dass die Beiden für Verrücktheiten um das Thema Rennauto gut waren. So sollte mein Rennwagen mit dröhnendem Motorlärm auf die Bühne fahren.

Also fuhr ich zunächst mit meinem Rennwagen auf der Rückseite des Kulturpalastes auf dem übergroßen, außen liegenden Fahrstuhl in die erste Etage, auf die Höhe der Bühne. Die Veranstaltung war bereits im Gange. Also schoben wir den Rennwagen leise auf den rechten, seitlichen Bühnenzugang. Ich zog meinen Rennanzug an und setzte den Helm auf. Lippi ermunterte mich, mit dem Motor so richtig Lärm zu machen - Das war  mit dem ungedämpften Auspuffrohr kein Problem.

Auf das verabredete Zeichen ließ ich den Motor an und aufheulen, 1. Gang rein und los auf die Bühne. Ich war ziemlich schnell und übersah, dass der Boden der Bühne nicht aus Asphalt, sondern aus glattem Holz bestand. Also rutschte ich beim Bremsen folgerichtig gewaltig aus der Mitte des Bühnenbildes hinaus. Kein Problem, Lippi und Jürgen schoben mich artig zurück. Dann stieg ich aus setzte den Helm ab und erlebte das erste Mal "Bühne" mit grellem Licht und applaudierenden, teilweise vor Begeisterung pfeifenden Zuschauern, die ich wegen des Lichts aber nicht sehen, sondern nur ahnen konnte.

Als mich Jürgen Karney interviewen wollte, stellte er fest, dass sein Mikrofon hinüber war und das vom Jürgen Lippert auch. Also tobte das Publikum wiederholt, und schnell wurde durch den Techniker Ersatz bereit gestellt.

Das Gespräch verlief mit den üblichen Fragen und den wohlwollenden Antworten über Sport und Staat.

Zuletzt wollte es sich Jürgen Lippert nicht nehmen lassen, den Rennwagen selbst rückwärts, nach abgeschalteten (!) Mikrofonen, von der Bühne zu fahren. Dies misslang gewaltig, denn er würgte den Motor mehrfach ab. Er konnte ja nicht wissen, dass man die Kupplung gewaltig schleifen lassen musste, um überhaupt in Schrittgeschwindigkeit fahren zu können. Der kürzest mögliche 1. Gang im Rennwagen ging bei einer Bergrennübersetzung bis 86 km/h.

Nachdem der Rennwagen wieder heil im Transporter stand, konnten die Zuschauer hinter dem Kulturpalst K-Wagen fahren. Also versuchte ich das auch, es war das erste Mal. Schnell hörte ich damit auf, denn die Zuschauer beobachteten sehr genau, ob ich als Rennfahrer der Schnellste war - ich war es nicht.