Vorwort


Wenn man vom Formel-Rennsport im Osten der letzten Jahre vor der Wende spricht, so werden immer die Namen Thaßler und Melkus genannt. Schließlich haben beide die Grundlagen für die Konstruktion des gleichnamigen Rennwagens MT77 gelegt.

Mit der Erweiterung des Reglements, dass die Motoren in der Motorsteuerung verändert werden durften, müsste der Name Bernd Kasper auftauchen. Tut er aber nicht, weil wenig bekannt wurde, dass die Zusammenarbeit zwischen Kasper und Melkus gegen Ende der 70er Jahre, zur Forcierung der Technik, nahtlos ineinander übergeht. Meist werden die Ergebnisse unter dem Namen "Melkus" verwischt. Eine Trennung zu treffen, wer hat was entwickelt, lässt sich nicht eindeutig klären. So kamen zu diesem Team Mitte der 80er Jahre noch die Rennfahrer Jürgen Meißner (89), der Erfinder des 6-Punkt-Sicherheitsgurts und Stefan Perner (72), dem Konstrukteur des letzten 4-Gang-Getriebes dazu. Gegen Ende der 80er Jahre wurde noch Niels-Holger Wilms (45/61) einbezogen, der dann auch an der Entwicklung des Rennwagens ML89 beteiligt war.

Durch seine technische Ausbildung zum Dipl.-Ing. für Maschinenbau war Bernd Kasper ein brillanter Entwickler, mit enorm viel Wissen um Statik und Hebelgesetze. Alle Theorien konnte er mathematisch nachweisen und bildete dabei ein Pendant zu Ulli Melkus, der studierter Kfz-Techniker war.

Zu seiner Suche nach Perfektion gibt es eine wenig bekannte Begebenheit:

Als am 20.05.1984 das Kyffhäuser Bergrennen gefahren werden sollte, wurden in der Regel die Strecken am Abend vorher mit dem PKW bezüglich des Kurvenverlaufs trainiert. Als ich mich gegen 19 Uhr auf der Strecke einfand, war dort nur Bernd Kasper anwesend. Wir fuhren die Strecke mehrere Male durch und machten uns Notizen, wo Bremspunkte liegen könnten und wie die Getriebeabstufung sein müsste. Als das Fahrtraining beendet war, bat mich Bernd seinen PKW zu fahren, da er noch eine Messung bezüglich der Düsenabstimmung für den Vergaser vornehmen wollte. Das war mir neu, und so stutzte ich.

Bernd Kasper nahm aus seiner Tasche ein Barometer und "nullte" es am Start. Dann fuhren wir los und alle 100 Meter, die ich am Tacho abzulesen und zu melden hatte, las er den Luftdruckstand ab. Diese Messung machten wir noch einmal, um die Ergebnisse zu vergleichen. Dann trug er die Werte säuberlich in Millimeterpapier ein. Bernd wollte herausfinden, wie groß die Luftdruckunterschiede waren oder wie dünn die Luft am Ende des Rennens sein wird. Danach wollte er die Kombination Kraftstoff-/Luftdüsen abstimmen.

Er bat mich, dieses als unser neues Geheimnis zu bewahren - bis heute, wo Sie es lesen können...

Bernd Kasper erkämpfte sich die gleiche Anzahl an Meistertiteln, wie sein Freund und Teamkollege, Ulli Melkus. Das macht ihn somit zu einem der brillantesten Fahrer aller Zeiten. 1989 wird ihn deshalb die höchste sportliche Anerkennung der DDR verliehen: "Meister des Sports".

Trotz seiner Bescheidenheit und seines fehlenden "Namens" gehört Bernd Kasper heute auf Augenhöhe mit Ulli Melkus genannt.